Sensibilisierte Ärzte verschreiben weniger Antibiotika

Düsseldorf/Essen, 23. Oktober 2019
Ärzte, die für das Thema Antibiotika sensibilisiert sind, verord-nen weniger und vor allem: gezielter. Das ist das Ergebnis des zweijährigen Modellprojekts des BKK-Landesverbandes NORDWEST mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) in den Regionen Essen und Duisburg. Ziel des Vertrags war es, Antibiotika bei Harnwegsinfekten und bei Entzündungen des Mund-Rachen-Raums nur noch einzusetzen, wenn sie nachweislich Sinn machen – dies wurde durch den Einsatz von Antibiogrammen beziehungsweise Schnelltests festgestellt. Die Ärzte führten diese Tests direkt in der Praxis durch, um festzustellen, ob es sich bei dem Infekt um eine virale- oder bakterielle Entzündung handelt.

Wichtigstes Ergebnis des Projekts: Ärzte, die sich an dem Modellversuch beteiligten, verordneten während beziehungsweise nach der Projektlaufzeit 20 Prozent weniger Antibiotika (bei Scharlach und Mandelentzündung) als die Ärzte, die sich nicht am Modellprojekt beteiligt haben. Bei Patienten mit akuten Entzündungen im Hals-Rachen-Raum verordneten Ärzte im Vorher-Nachher-Vergleich 17 Prozent weniger Antibiotika.

Laut einer Befragung der Ärzte, die an dem Vertrag teilgenommen haben, aber auch solchen, die nicht teilgenommen haben, halten alle das Antibiogramm und 70 Prozent den Schnelltest für eine geeignete Unterstützung ihrer Therapieentscheidung. Nach dem Schnelltest sei die Akzeptanz für die Entscheidung kein Antibiotikum zu verordnen beim Patienten höher. Auch Patienten mit einem Harnwegsinfekt und Erfahrung damit warten gern das Ergebnis der Kultur ab. Durch die Tests werde außerdem eine „blinde Umstellung“ verhindert – also eine Verordnung auf Verdacht. Außerdem werden Breitbandantibiotika vermieden bzw. nur als Reserve eingesetzt, wenn Resistenzen vorhanden sind.

Beteiligt hatten sich 48 Fachärzte aus den Bereichen Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Kinder und Frauenärzte, Hals-Nasen-Ohrenärzte sowie Urologen mit insgesamt 1.474 Patienten.

Aber: Nur knapp acht Prozent der teilnahmeberechtigten Praxen haben sich an dem Projekt beteiligt. Die Auswertungen zeigen, dass diese Ärzte Antibiotika bereits vor dem Vertrag restriktiver verordneten, sich aber durch die Teilnahme noch intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Dr. Dirk Janssen, stellv. Vorstand des BKK-Landesverbandes NORDWEST: „Wir sind auf dem richtigen Weg: Patient, Arzt und Krankenkasse. Allerdings zeigen die Ergebnisse des Projekts, dass wir vor allem diejenigen erreicht haben, die bereits für das Thema sensibilisiert sind. Wir brauchen daher eine Richtlinie, die verbindlich für alle regelt, wann Antibiotika eingesetzt werden, damit uns Reserveantibiotika als Ultima Ratio erhalten bleiben.“

Für Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein, zeigt das Projekt einmal mehr, wie wichtig es ist, Me-diziner und Patienten auf das Thema Antibiotika aufmerksam zu machen. „Wir müssen noch mehr Kolleginnen und Kollegen dafür sensibilisieren, dass weniger manchmal mehr sein kann, also der Einsatz von Antibiotika genau bedacht und geprüft sein will. Schnelltests können hier ein geeignetes Mittel der Wahl sein. Das Modellprojekt macht deutlich, dass es einen großen Spielraum für eine Reduzierung von Antibiotikaverschreibungen gibt, wenn den Ärztinnen und Ärzte geeignete Instrumente und Rahmenbedingungen zur Verfügung stehen. Wichtig ist auch, Patientinnen und Patienten besser zu informieren, damit sie nicht immer und sofort die Gabe von Antibiotika erwarten.“

 

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