Hausärzte als Lotsen sind wichtiger als teure Wahlgeschenke
Schnellere Arzttermine, Vermeidung unnötiger Doppelstrukturen: Hausärzte müssen eine tragende Rolle in der Patientensteuerung übernehmen. Die Datenanalyse des BKK-Landesverbandes NORDWEST zur Ausdeckelung bei Kinder- und Jugendärzten zeigt, dass eine konzeptionslose Entbudgetierung nicht zum gewünschten Ergebnis führt.
Der BKK-Landesverband NORDWEST hat die Folgen der Entbudgetierung bei den Kinder- und Jugendärzten untersucht. Dabei wurde über die Quartale hinweg verglichen, was die Betriebskrankenkassen vor dem Start der Ausdeckelung bezahlt haben und was danach. Das Ergebnis: Die jungen Patientinnen und Patienten haben nicht mehr Arzttermine erhalten. Vielmehr hat sich deren Behandlung verteuert. Das Ziel, durch die Entbudgetierung mehr Behandlungen für die Kinder- und Jugendliche zu erreichen, wurde verfehlt. Die Fallzahlen sanken sogar. Für die Regionen in denen der BKK-Landesverband NORDWEST die Betriebskrankenkassen vertritt ergeben sich 3,4 % weniger Patientenaufkommen und dafür 2,3% höhere Kosten. Das Ziel schnellere Arzttermine für mehr Patienten wurde komplett verfehlt. Stattdessen erfolgte eine fast 6 prozentige Vergütungserhöhung außer der Reihe für Kinder- und Jugendärzte.
Primärarztversorgung stärken
„Wir brauchen eine Stärkung der primärärztlichen Versorgung. Diese besteht aber nicht darin, durch Wahlgeschenke einfach mehr Geld ins System zu kippen. Stattdessen muss die Versorgung verbessert werden, indem Patiententermine in den Praxen am medizinischen Bedarf ausgerichtet werden“, erklärt Dr. Dirk Janssen, Vorstand des BKK-Landesverbandes NORDWEST. Janssen schreibt den Hausärztinnen und Hausärzten eine Schlüsselposition zu. Gleichzeitig fordert er niedrigschwellige digitale und telemedizinische Beratungsangebote auszubauen, um die Ärzte zu entlasten. Die Kompetenzen des nicht-medizinischen Personals zu erweitern, trage ebenso dazu bei.
Die Arztkontakte müssen sinken, nicht die Honorare steigen
Der BKK-Landesverband hat die Zahlenwerte aus der Analyse für Kinder- und Jugendärzte extrapoliert und eine Hochrechnung für die Facharztgruppen der Hausärzte vorgenommen. Bei einer über die Quartale erwarteten Steigerungsrate von 2% würde dies bundesweit eine Erhöhung der Arztvergütung um jährlich 502.454.869 Mio. Euro bedeuten. Auf das BKK System mit rund 15% Marktanteil kämen jährliche Mehrkosten von 76.532.183 Mio. Euro zu, ohne dass sich die Versorgungssituation der Patientinnen und Patienten deutlich verbessern würde.
„Die Menschen zahlen mittlerweile die höchsten Beiträge in der Geschichte der Gesetzlichen Krankenversicherung und haben es gleichzeitig noch nie so schwer gehabt, einen Arzttermin zu bekommen. Das versteht niemand mehr“, so Dirk Janssen. „Wenn nun Politiker noch teure Abschiedsgeschenke in einer konzeptionslosen Last-Minute-Aktion verteilen wollen, ist dies verantwortungslos und schafft zusätzliche Hypotheken für die nächste Regierung.“
Vielmehr geht es um eine bessere Versorgungssteuerung, bei der die Hausärzte eine tragende Rolle spielen können. Um die hohe Frequenz an Arztterminen zu reduzieren, benötigen wir bessere durch die Krankenkassen unterstützte Steuerungsprozesse mit dem Fokus auf die medizinische Notwendigkeit. Die Primärarztversorgung, bei der Hausärzte als Lotse in die fachärztliche Versorgung steuern, muss Regelversorgung werden.
Datenanalyse
Mögliche Auswirkungen der Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung für BKK-Landesverband NORDWEST. Siehe Tabelle.